Streisand Effekt - Menschen zeigen auf einen Screen

Streisand Effekt: Definition, Ursprung & Beispiele

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Geschrieben von Wolfgang Wittmann

Definition: Was ist der Streisand Effekt?

Der Streisand-Effekt beschreibt das Phänomen, dass der Versuch, eine Information zu unterdrücken, oft dazu führt, dass diese Information noch mehr Aufmerksamkeit erhält und sich weiter verbreitet.

💡 Ursprung: Woher kommt der Streisand Effekt?

Der Begriff leitet sich von einem Vorfall im Jahr 2003 ab, bei dem die Sängerin Barbra Streisand versuchte, die Verbreitung eines Fotos ihres Hauses zu verhindern. Diese Klage führte jedoch dazu, dass das Foto und die damit verbundene Geschichte noch bekannter wurden.

Wie funktioniert der Streisand Effekt?

Ohne ungeschickte Unterbindungsversuche würden unerwünschte Informationen oft einfach unter den Tisch gefallen. Die Vertuschung selbst jedoch macht die Information noch interessanter.

Der Streisand-Effekt kann einen Shitstorm auslösen, wenn der Versuch, Informationen zu unterdrücken, als Zensur wahrgenommen wird und die Öffentlichkeit dagegen protestiert.

Der Streisand Effekt basiert auf der umgekehrten Psychologie

Umgekehrte Psychologie: Wenn Menschen gesagt wird, dass sie etwas nicht tun sollen, sind sie oft besonders motiviert, genau das Gegenteil zu tun. Im digitalen Zeitalter wird dieser Effekt durch die schnellen Verbreitungsmöglichkeiten des Internets und der sozialen Medien verstärkt, was dazu führt, dass Informationen viral gehen können. Der Streisand-Effekt kann für Unternehmen und öffentliche Personen zu einem erheblichen Reputationsschaden führen, wenn der Umgang mit sensiblen Informationen nicht sorgfältig gehandhabt wird.

Barbra Streisand: Die Geschichte hinter dem Streisand Effekt

Der Begriff Streisand-Effekt ist der Schauspielerin Barbra Streisand zu verdanken. Diese verklagte 2003 den Fotografen Kenneth Adelman auf Schmerzensgeld, da sie ihre Privatsphäre verletzt sah. 

Kenneth Adelman hatte im Zuge einer Dokumentation zur Küstenerosion 12.000 Fotos von der kalifornischen Küste geschossen. Auf diesen Luftaufnahmen waren unter anderem auch die dort ansässigen Immobilien zu sehen.

Alle Aufnahmen wurden auf pictopia.com veröffentlicht. Zu Barbra Streisands Missfallen zeigte ein Bild darunter das Streisand-Anwesen. Sie forderte die Löschung der Aufnahme und forderte Schmerzensgeld in Millionenhöhe.

Dass es sich bei dieser einen Immobilie um das Streisand-Anwesen handelt, war bis dato jedoch noch unbekannt. Lediglich ein einstelliger Personenkreis interessierte sich für das Bild. Mit der Klage jedoch wurde die breite Masse hellhörig. Über 400.000 Menschen zeigten Interesse am Bild.
Die Schauspielerin erreichte nicht nur, dass sehr viele Personen ihr Zuhause identifizieren konnten, sondern verlor auch den Prozess.

Streisand Effekt: 5 Beispiele aus aller Welt

Das Foto des Streisand-Anwesen ist kein Einzelfall. Folgende Beispiele sind nur 5 vieler unterschiedlicher Streisand-Szenarien:

1. Lego-Videos, die keine sind

Januar 2021 forderte Lego von Thomas Panke die Löschung seiner YouTube Videos, in welchen dieser irrtümlicherweise Bausteine der Konkurrenz als Lego-Bausteine betitelt hatte.
Herr Panke entfernte die Videos, veröffentlichte jedoch das Schreiben seines Anwalts. So machte er die breite Masse auf das Verhalten des Herstellers aufmerksam. Lego geriet mittels negativer Publicity ins Rampenlicht und die Konkurrenzprodukte erreichten mehr Aufmerksamkeit.

2. Blizzard Entertainment und die Proteste in Hongkong

Das Unternehmen Blizzard Entertainment beendete Oktober 2019 den Live-Streams eines E-Sportlers, da dieser im Zuge des Streams sich zu den Protesten in Hongkong geäußert hatte. Der Spieler wurde außerdem für den Wettbewerb gesperrt.
Der Stream erlangte daraufhin breite Aufmerksamkeit. Andere E-Sportler begannen das Unternehmen zu boykottieren und riefen wiederum zum Boykott in Live-Streams auf. Das Unternehmen beendete auch diese Live-Streams, die wiederum dadurch an Popularität gewannen.

3. Böhmermanns Schmähgedicht

2016 trug der Satiriker Jan Böhmermann im Rahmen der Fernsehsendung Neo Magazine Royale ein Schmähgedicht zu Ehren des türkischen Präsidenten Erdogan vor. Dem Schmähgedicht vorausgegangen war, dass Erdogan über den deutschen Außenminister die Löschung des satirischen Liedes “Erdowie, Erdowo, Erdogan” aus der Mediathek des Satiresenders extra 3 verlangte.
Erdogan verklagte Jan Böhmermann und hatte vorläufig Erfolg damit. 75 % des Schmähgedichts wurden verboten. Das Gedicht erlangte jedoch trotzdem große Bekanntheit. Im Anhang des Gerichtsurteils wurde dieses vollständig veröffentlicht und somit weit verbreitet.

4. Nestles KitKat-Riegel mit Palmöl

Greenpeace kritisierte 2010, dass Nestle zur Herstellung der Kitkat Schokoriegels Palmöl verwendet. Die Gewinnung von Palmöl hat die Zerstörung des Lebensraums diverser Tierarten, u.a. auch dem Orang-Utan, zufolge. Der Umweltschutzverband setzte zur Verdeutlichung ein Video ins Netz, in welchem ein Mann statt in einen KitKat-Riegel in einen blutigen Orang-Utan-Finger beißt.
Die Greenpeace-Kampagne erhielt so viel Resonanz, dass sich Nestle “gezwungen” sah, ihre KitKat-Facebook-Fanpage zu entfernen, auf welcher sich die Kommentare gehäuft hatten.
Das war dann der Startschuss für den eigentlichen Shitstorm. Die Löschung wurde vielfach diskutiert und geteilt, sodass noch mehr Menschen auf die Kampagne aufmerksam wurden.

5. Informanten innerhalb der Deutschen Bahn

2009 veröffentlichte der Blogger Markus Beckedahl unter netzpolitik.org interne Dokumente der Deutschen Bahn. Aus diesen ging hervor, dass sich binnen des Unternehmens anonyme Informanten befinden, die die anderen Mitarbeiter “beobachten”.
Die Deutsche Bahn mahnte Herrn Beckedahl ab. Um ihre Unterstützung zu zeigen veröffentlichen daraufhin andere Blogger das interne Memo, woraufhin dieses große Aufmerksamkeit erreichte.
Die Deutsche Bahn zog nach kurzer Zeit ihre Abmahnung zurück.

Wie geht man mit dem Streisand-Effekt um bzw. wie vermeidet man diesen?

Um den Streisand-Effekt zu vermeiden oder zu minimieren, können mehrere Strategien angewendet werden:

5 Tipps und Strategien zum Umgang mit dem Streisand Effekt

  1. Souveräne Reaktion auf ungewollte Informationen: Wenn Informationen ungewollt veröffentlicht werden, sollte man ruhig und überlegt reagieren. Überreaktionen oder der Versuch, Informationen zu unterdrücken, können den Effekt verstärken.
  2. Krisenmanagement und Reputationsmanagement: Unternehmen sollten sich mit diesen Themen auseinandersetzen, um auf kritische Informationen angemessen zu reagieren. Das Ignorieren oder Löschen von kritischen Kommentaren kann die Situation verschlimmern.
  3. Offene Kommunikation: Es ist ratsam, offen und transparent mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren, anstatt Informationen zu verbergen. Dies kann helfen, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu erhalten und den Streisand-Effekt zu vermeiden.
  4. Kritik annehmen: Bei negativen Bewertungen oder Kritik sollte man diese annehmen und den Kritikern verständnisvoll begegnen, anstatt sie zu bekämpfen oder zu ignorieren.
  5. Bewusste Informationskontrolle: Nur Informationen, die tatsächlich veröffentlicht werden sollen, sollten nach außen dringen. Eine sorgfältige Kontrolle der Unternehmenskommunikation kann helfen, ungewollte Informationslecks zu vermeiden.

Der Streisand-Effekt kann jeden treffen. Er lässt sich aber durchaus vermeiden oder zumindest klein halten. Dazu sollten Unternehmen wie auch in der Öffentlichkeit stehende Menschen eine Strategie für den Umgang mit sensiblen oder schädlichen Informationen, die an die Öffentlichkeit gelangt sind, entwickeln. Das Zurückhalten von Informationen kann das Gegenteil erreichen, eine ungeschickte Kommunikation negatives Feedback erreichen.

Unterlassungsanspruch und Schadensbegrenzung – Streisand Effekt vermeiden

Es lässt sich durchaus schon früher ansetzen und zwar in dem Moment, bevor die Information an die Öffentlichkeit gelangt. Es gibt sogar Firmen, die das Finden negativer Informationen sowie die Meldung selbiger anbieten. Das verschafft Zeit, sich über eine passende Reaktion klar zu werden. Unter Umständen kann dies auch noch der Zeitpunkt sein, einen Unterlassungsanspruch durchzusetzen. 

Diese Maßnahme sollte jedoch wohl überlegt sein. Es muss eindeutig bekannt sein, inwieweit sich die Information bereits verbreitet hat. Andernfalls geht diese juristische Maßnahme nach hinten los.

Ist die Information schon in der Welt, geht es um Schadensbegrenzung. Bedenken Sie, dass wie Sie auch vorgehen möchten, jede Reaktion eine Gegenreaktion verursacht. Häufig rentiert sich hinsichtlich Ihrer Reputation eine sachliche Reaktion oder überhaupt keine am meisten.

Das gilt auch in den Fällen, bei welchen durchaus Ihre Privatsphäre verletzt wurde und Sie sich durchaus im Recht befinden.

Recht auf Vergessenwerden & Recht auf Löschung digitaler Informationen

Prinzipiell gibt es das Recht auf Vergessenwerden. Das bedeutet, dass ein Recht auf die Löschung digitaler Informationen bzw. Daten besteht.

Gemäß des europäischen Gerichtshof ist dies jedoch ungültig, wenn der Öffentlichkeit die Informationen “zustehen”. Auch berücksichtigt das Recht auf Vergessenwerden nicht den Umstand, dass sich, wenn sich Informationen bereits verbreitet haben, es dafür meist zu spät ist. Vielmehr verstärken rechtliche Schritte den Streisand-Effekt.

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