Definition: Was ist Schmähkritik?
Nicht jede kritische Äußerung bedeutet gleich eine Schmähung. Aber geht es bei einer kritischen Äußerung nicht mehr um Kritik an einem Sachverhalt, sondern zielt eine beleidigende Äußerung nur noch darauf ab, eine Person zu diffamieren, ist Schmähkritik gegeben.
In jedem Fall ist der Kontext wichtig, um korrekt entscheiden zu können.
Was sagt das Bundesverfassungsgericht dazu?
Einige Urteile, die von Gerichten bezüglich Schmähkritik gefällt wurden, wurden seitens des BverfG “revidiert”. Warum? Das Gericht sieht oftmals in der jeweiligen Entscheidung die freie Meinungsäußerung nicht ausreichend berücksichtigt.
Im Beschluss vom 14. Juni 2019 (1 BvR 2433/17) äußert sich das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Schmähkritik wie folgt:
- Ob Meinungsfreiheit oder Beleidigung gegeben ist, ist grundsätzlich per Abwägung zu entscheiden, nicht aber im Falle einer Schmähkritik.
- Kritische Äußerungen müssen durchaus nicht konstruktiv, sondern dürfen polemisch, ironisch bzw. überspitzt sein.
- Es gilt vielmehr zu klären, ob die Äußerung einen Sachbezug hat oder die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.
- Folglich muss immer der Kontext der Äußerung einbezogen werden.
Meinungsfreiheit versus Schmähkritik
Würde jede kritische Äußerung strafrechtlich verfolgt werden, gäbe es keine Meinungsfreiheit mehr. Die freie Meinungsäußerung ist Gegenstand der Grundgesetze, Artikel 5. Hier ist festgelegt, dass jeder das Recht hat, seine eigene Meinung in Wort, Bild und Schrift frei äußern und auch verbreiten zu dürfen. Diese Freiheit hat aber auch ihre Grenzen.
Die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Schmähkritik verläuft oftmals auf einem schmalen Grad. Eine Schmähung ist nicht gegeben, solange die geäußerte Kritik sich auf einen Sachverhalt bezieht und nicht nur dazu dient, eine Person herabzuwürdigen. Auch überspitzte oder ironische bzw. satirische Äußerungen sind erlaubt.
Die Abgrenzung fällt oftmals schwer, da es gilt sowohl das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Person (Schutz vor Verletzung der Ehre) sowie die Meinungsfreiheit des Beklagten zu schützen. Grundsätzlich tritt die Meinungsfreiheit jedoch hinter dem Persönlichkeitsrecht zurück.
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Auch hier gilt es zu unterscheiden, ob es sich um gerechtfertigte Kritik oder böswillige Äußerungen handelt, die nur darauf abzielen Ihrem Ruf wie Unternehmen zu schaden.
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Ist Schmähkritik strafbar?
Grundsätzlich gilt die Schmähkritik als Beleidigung. Demnach, ja, Schmähkritik ist strafbar. Sie wird gemäß dem StGB § 185 geahndet.
Das Strafmaß kann eine Geldstrafe oder bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe umfassen.
Welcher Anwalt ist bei Schmähkritik der Richtige?
Im Falle einer Anschuldigung, aber auch wenn Sie Opfer von Schmähkritik wurden, können Sie sich an einen Rechtsanwalt für Reputationsrecht wenden.
Sollte es sich tatsächlich um Schmähkritik handeln, stehen die Chancen für den Angeklagten vor Gericht schlecht.
Beispielurteile für Schmähkritik
- Urteil des Landgericht Hamburg 05/2017 – 324 O 217/17
Nachdem eine AfD-Politikerin in einer Rede das Ende politischer Korrektheit forderte, nahm sich das eine Satire Sendung zum Anlass dies wörtlich zu nehmen und betitelte sie als Nazi-Schl****. Dem folgte eine Unterlassungserklärung. Da der Inhalt offensichtlich nicht ernst gemeint war (da Inhalt einer Satire Sendung) und die Sendung nicht die Rufschädigung der Person zum Ziel hatte, entschied das Gericht zu Gunsten des Senders und gegen Schmähkritik.
- Urteil des OLG Köln 09/2009 – 6 U 48/09
Ein Coaching Dienstleister verlinkte in seinem Newsletter mit den Worten “Scharlatane auf dem Coaching-Markt” zur Konkurrenz. Die Unterlassungsklage des Konkurrenten hatte Erfolg, da die Bemerkung keinen Sachbezug lieferte.
- Urteil des BGH 03/1963 – VI ZR 55/62
Eine Zeitschrift beschrieb eine Fernsehmoderatorin als “ausgemolkene Ziege”. Diese Äußerung diente lediglich das Äußere der Moderatorin zu beleidigen sowie diese herabzuwürdigen und wurde infolgedessen als Schmähkritik eingestuft.
Der Fall Böhmermann Erdogan
Ein Fall bezüglich Schmähkritik dürfte wohl nahezu jedem bekannt sein, da dieser 2016 durch die Presse ging. Zu diesem Zeitpunkt wurde Erdogans Umgang mit der Pressefreiheit – u.a. polizeiliche Verfolgung von Journalisten – vielfach diskutiert.
Einer diese Thematik betreffende satirische Sendung folgte die Veröffentlichung (in einer anderen Sendung) des von Jan Böhmermann verfassten “Schmähgedichts” über den türkischen Präsidenten Erdogan. Der Satiriker erklärte, er möchte mit dem Gedicht dem Präsidenten erläutern, was in Deutschland nicht erlaubt sei.
Dieser war über diese “Erläuterung” sowie über den Inhalt des Gedichts (eine Abfolge von herabwürdigenden Äußerungen) jedoch gar nicht erfreut und forderte prompt eine Unterlassung.
Das Oberlandesgericht Koblenz entschied sich jedoch gegen Schmähkritik, da hier der sachliche Bezug gegeben sei (Erdogans Umgang mit der Presse).
Das Landgericht Hamburg stufte den Inhalt als Meinung wie Kunst ein und entschied sich ebenfalls gegen ein “Schmähkritik-Urteil”.
Die Verbreitung des genauen Wortlauts wurde jedoch untersagt. Die 2019 darauf folgende Verfassungsbeschwerde Böhmermanns, der sich in seiner Kunstfreiheit eingeschränkt fühlte, wurde abgelehnt.